© Viktoria Hönegger ist Brotsommelière & zert. Brotsensorikerin. In jedem einzelnen ihrer Brote steckt viel Liebe und Leidenschaft – das schmeckt man auch!
© Viktoria Hönegger ist Brotsommelière & zert. Brotsensorikerin. In jedem einzelnen ihrer Brote steckt viel Liebe und Leidenschaft – das schmeckt man auch!
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Die "Brotflüsterin"

Haben Sie schon einmal ganz bewusst und achtsam Brot verkostet und sich dabei dem „Wesen Brot“ auf ganz neue Weise angenähert? Die Brot-Sommelière Viktoria Hönegger vom Hildegard Naturhaus bietet dieses durch und durch sinnliche Erlebnis. Eine bereichernde Erfahrung.

Einen Laib Brot zwischen die Finger nehmen, vielleicht die Augen bewusst schließen, die eigene Aufmerksamkeit in diesem Moment ganz und gar auf das Fühlen richten. Vorsichtig drückt man das Brot mehrmals zusammen, hält es vor die Nase und saugt intensiv den charakteristischen Duft ein. Welche Gewürznoten mischen sich in den Vordergrund, welche Aromen bleiben noch verhalten? Dann das krachendraue Geräusch des Brot-Durschneidens. Oder flüstert diese Sorte etwa? Erneut führt man das Brot an die Nase, nun aufgeschnitten, und erlebt eine Intensität, die man diesem tagtäglichen Lebensmittel bisher womöglich noch gar nicht zugetraut hätte.

Erlebnis mit fünf Sinnen
„Brot zu verkosten ist ein rundum sinnliches Erlebnis und lässt einen Brot völlig neu erfahren. Das geht weit über das Schmecken hinaus“, schwärmt Viktoria Hönegger. „Bei einer Brotverkostung gehen wir alle fünf Sinne durch, mehrmals sogar, je nachdem, ob das Brot noch ganz ist oder schon angeschnitten. Die erste Kontaktaufnahme erfolgt mit den Augen. Denn schon unser Sehsinn weckt eine erste Erwartungshaltung in uns, wie das Brot schließlich schmecken könnte“, sagt sie weiter und lacht. Es gibt viele „Kriterien“, die den Gesamteindruck beeinflussen. Welche Form hat das Brot, ist es bemehlt, gibt es sichtbare Zutaten wie Körner oder Kräuter? Wie schwer liegt es in den Händen? Ist es elastisch? Wie ist die Oberfläche, rau und rissig oder ganz glatt? Wie fühlt sich das Brot im Mund an, körnig oder samtig? Ist es gut kaubar oder klebt es an den Zähnen, ist die Konsistenz luftig oder dicht? Hört man beim Beißen etwas? Ganz schön viele Fragen und Eindrücke!

„Brot an sich ist schon ein fantastisches Lebensmittel. Brot kann richtig viel, auch ohne Aufstriche oder Beläge“, sagt die Brot-Expertin, die in ihrem Haus selbst Brot bäckt. Daher wird das Brot am Ende der Schritt-für-Schritt-Annäherung zunächst einmal nur mit Butter verkostet. Butter hebt die Aromen hervor und lässt die Unterschiede der einzelnen Brote besser zur Geltung kommen.


Aha-Erlebnisse sind garantiert. Und die wirken auch nach.
Viktoria Hönegger, Brot-Sommelière
© Viktoria Hönegger ist Brotsommelière & zert. Brotsensorikerin. In jedem einzelnen ihrer Brote steckt viel Liebe und Leidenschaft – das schmeckt man auch!

Danach bietet Viktoria Hönegger verschiedene Möglichkeiten an, um die Brote zu kombinieren und diese Kombinationen jeweils für sich als Ensemble wirken zu lassen. Etwa mit hausgemachten Delikatessen wie eingelegten Bärlauchknospen oder Kornellkirschen, Kräutertopfen oder Marmelade. Sie lädt ihre Besucher ein, mit den unterschiedlichen Geschmacksrichtungen zu spielen und zu spüren, was sich für sie jeweils gut und stimmig anfühlt. Ein Richtig oder Falsch gibt es da nicht. Geschmacksempfindungen sind etwas höchst Individuelles. Auch für diese Art des Kostens und Probierens gibt es übrigens einen Fachbegriff: „Food-Pairing“, also die Art, wie man Speisen miteinander kombiniert.

Brot ganz bewusst verzehren
Bei Viktoria Hönegger wird übrigens ausschließlich mit Dinkelmehl gebacken. Dies entspricht den Lehren der Hildegard von Bingen, welche Dinkel als das bekömmlichste Getreide bezeichnete. Unter anderem schrieb sie ihm auch zu, dass sein Verzehr ein frohes Gemüt bereite – und das kann ja nun wirklich nie schaden! Dinkelbrot ist auch für Verkostungen ein ideales Brot, meint Viktoria Hönegger, weil man hier anhand einer einzigen Getreidesorte sehr gut die Unterschiede verschiedener Zutaten und Backarten erleben kann. „Viele Menschen haben ja noch immer keine gute Meinung vom Dinkel und meinen, der schmecke immer gleich und immer trocken. Dann staunen sie aber, wenn von rustikal-deftig bis lieblich-samtig so vielfältige Variationen dabei sind.“

Die ausgebildete Kindergarten-Pädagogin Hönegger, die auch Brotbackkurse anbietet, hat 2020/2021 die Ausbildung zur zertifizierten Brot-Sensorikerin absolviert. „Obwohl ich zu Brot schon immer einen besonderen Bezug hatte und es als vielseitiges Lebensmittel hoch schätzte, war dieser Lehrgang enorm bereichernd, hat meinen Blick noch einmal erweitert, auf welche Details es außerdem zu achten gilt“, so Hönegger. Es ist ihr daher auch ein großes Bedürfnis, dies alles in ihren Kursen zu vermitteln, die Aufmerksamkeit ausschließlich auf das Grundlebensmittel Brot zu lenken und dazu anzuregen, dies ebenso im Alltag bewusster zu tun und Brot nicht nur „nebenbei“ zu konsumieren. Eine Handlung, die man sich anfangs vielleicht bewusst vornehmen muss, die aber mit der Zeit zu einer schönen, wertvollen Angewohnheit werden kann und das Leben insgesamt bereichert. Sinnlicher wird es in jedem Fall.