So unterschiedlich wie die Produkte einer Bäckerei sind auch die Mehle, die dafür verwendet werden – die Auswahl ist groß!
Jedes Mehl entsteht durch das mehrstufige Mahlen und Sieben von Getreidekörnern in 15 bis 18 Durchgängen – oder „Passagen“, wie die Müller sagen. Das feinste Sieb der Mühlen hat Poren mit einer Kantenlänge von 125 Mikrometer, das entspricht 0,125 Millimeter. Um durch dieses Sieb zu rieseln, muss ein Körnchen jedenfalls deutlich kleiner als 125 Mikrometer sein. Bei einem Mehl dieses Körnungsgrades spricht man von einem glatten Mehl. Jedes Bäckermehl ist ein glattes Mehl. Griffige Mehle weisen eine etwas gröbere Körnung auf, bis maximal 250 Mikrometer. Es wird vor allen in der der Küche für Nudelteig, Nockerl oder Erdäpfelteig verwendet. Universalmehl ist eine Mischung aus glattem und griffigem Mehl und für Anwendungen in der Haushaltsküche gedacht.
Je nachdem welche Getreidesorte und welche Teile vom Getreidekorn vermahlen werden, ergeben sich unterschiedliche Back- und Aromaeigenschaften der Mehle. Einen großen Einfluss auf die Backeigenschaften hat das Protein (Eiweiß) Gluten - das „e“ wird lang ausgesprochen. In Verbindung mit Wasser bildet Gluten sogenanntes Kleber–Eiweiß. Dieses bildet das Teiggerüst bei Brot und Gebäck. Es macht den rohen Teig elastisch und klebrig und hilft Brote zu formen. Im Ofen trägt Gluten dazu bei, dass der Teig schön aufgehen kann. Durch die Hitze und die anschließende Reifung härten diese Eiweißverbindungen aus und machen jedes Backwerk formstabil, die Krume bleibt dennoch weich und geschmeidig. Glutene sind in dieser Beziehung ein wichtiges Helferlein der Bäckerinnen und Bäcker, sind aber für manche Menschen nicht so bekömmlich.
Weizenmehl wird sowohl in der Bäckerei wie auch in der Konditorei vielseitig eingesetzt. Unterschiedliche Weizenmehle werden für Mehlspeisen, Kleingebäck, Weißbroten und auch für Schwarzbrote verwendet. Das wichtigste Mehl für jede Art von Schwarzbrot und für dunkles Kleingebäck wie Schusterlaiberl ist hingegen das Roggenmehl, früher auch als „Schwarzmehl“ bezeichnet. Roggenmehl muss, anders wie Weizen- oder Dinkelmehl, in einem Teig versäuert werden, um überhaupt backfähig zu werden. Roggen-Natursauerteigbrote punkten mit einem mild-säuerlichen Aroma und besonderer Bekömmlichkeit. Dinkelmehl hat sehr ähnliche Backeigenschaften wie Weizenmehl und kann ebenso vielseitig wie Weizen verwendet werden. Dinkel eignet sich hervorragend für die Herstellung von Broten, Kuchen oder Teigwaren und erfreut sich aufgrund eines dezent nussigen Aromas und seiner Bekömmlichkeit zunehmender Beliebtheit.
BROT UND GEBÄCK BRAUCHEN BESTIMMTE „TYPEN“
Zur präziseren Unterscheidung und professionellen Kategorisierung der unterschiedlichen Mehle sieht das Lebensmittelgesetz in Österreich und Bayern das System der „Mehltypen“ vor. Ausschlaggebend für die „Type“ ist der Ausmahlgrad eines Mehls. Der Ausmahlgrad ist eine Prozentzahl, die angibt, wieviel Prozent eines Getreidekorns für ein Mehl gemahlen werden. Es macht beim Backen einen großen Unterschied, ob nur der weiße Kern des Getreidekorns herausgezogen und vermahlen wird oder ob auch andere Bestandteile des Korns wie die Aleuronschicht, die Schalen und der Keimling vermahlen werden. Vor allem in den Schalenschichten befinden sich die wertvollen Inhaltsstoffe des Getreidekorns wie Mineralsalze, Vitamine, essentielle Aminosäuren, Spurenelemente und Ballaststoffe. Je nach Type und Ausmahlgrad produzieren Mühlen aus einem Kilogramm Getreide zwischen 0,65 und 0,8 Kilogramm Mehl. Was überbleibt wird zu Gries, Schrot oder Kleie verarbeitet.
Je höher der Schalenanteil im Mehl, desto höher ist dessen Ausmahlgrad. Und je höher der Ausmahlgrad, desto dunkler ist das Mehl und desto höher ist die Typenzahl. Dunklere Mehle haben generell einen höheren Ernährungswert als helle Mehle. Helle Mehle haben hingegen einen höheren Gluten-Anteil und bringen optimale Backeigenschaften mit sich. Mischbrote aus Roggen und Weizen oder Weizen und Dinkel verbinden die Vorteile verschiedener Brotgetreide.
JEDE „TYPE" IST EINZIGARTIG
„Die Mehltypen geben den Bäckern die Sicherheit in der Produktion. Sie wissen anhand der Type, wie ein Mehl sich in der Teigführung, beim Kneten und im Ofen verhält. In Österreich sind im Lebensmittelgesetz drei Weizenmehle als Typen definiert, die Typen W480, W700 und W1600. „Mit diesen drei Typen kommt man in der Bäckerei eigentlich gut aus“, so Müller Markus Huemer: „In der Mühle können wir auf Kundenwunsch auch andere Typen herstellen. Das Lebensmittelgesetz erlaubt dies ausdrücklich.“ Im Labor kann der Ausmahlgrad eines Mehls und somit die Typenzahl durch einen standardisierten Test exakt bestimmt werden. Verbrennt man 100 Gramm Weizenmehl W480 bei 900° Celsius, bleiben als Asche 480 Milligramm Mineralsalze im Ofen übrig. Dieses weiße, stärkereiche Mehl wird auch als Auszugs- oder Weißmehl bezeichnet. Dafür wird nur der Kern des Getreidekorns vermahlen. Dieses Weizenmehl mit der Type W480 – ähnlich das W405 in Bayern – ist ideal für alle Strudel-, Blätter-, Bisquit- oder Mürbteige, die für Mehlspeisen benötigt werden. Das Weizenmehl W700 ist das typische Mehl für Semmeln und anderes Kleingebäck. Die Type W1600 ist das ideale Weizenmehl für Brote. Das Mehl mit der höchsten Typenzahl ist das Schwarzroggenmehl R2500. Es wird eingesetzt, wenn die Brotkrume besonders dunkel und das Aroma kräftig und „getreidig“ sein soll. Für Vollkornmehl, gleich aus welchem Getreide, werden circa 98 % des Korns vermahlen. Es ist das Mehl mit dem höchsten Ausmahlgrad. Im Lebensmittelgesetz wird dafür keine Type vergeben. Bei allen anderen Mehlen muss die Type immer auf der Verpackung ausgewiesen werden.
Wie man sieht: Mehl ist eine komplexe Materie und entscheidend für die Brotqualität. Die langjährige Zusammenarbeit der kleinen Mühlen mit den handwerklichen Bäckern trägt dazu bei, dass die Bäckereien geschmackvolle Brote mit persönlicher Note backen können.
DIE MEHLTYPEN UND IHRE VERWENDUNG
In Österreich und Deutschland sind die Mehltypen im jeweiligen Lebensmittelgesetz etwas unterschiedlich geregelt. In Deuteschland gibt es aus historischen Gründen mehr standardisierte Mehltypen als in Österreich.
Beim Weizenmehl gibt es in Österreich die Typen W480, W700 und W1600, in Deutschland die Typen W405, W550, W812, W1050, W1600, und W1700. Auch wenn die Mehltypen nicht ident sind, weisen die Mehle in beiden Ländern vergleichbare Backeigenschaften auf. Die Mühlen dürfen aber auch andere Mehle produzieren.
ANWENDUNGSBEREICHE DER MEHLTYPEN
Das Weizenmehl Typ W480 in Österreich entspricht in etwa der Type W405 in Deutschland. Es wird für feine Backwaren, Mehlspeisen und Kuchen verwendet.
Weizenmehl Type W700 (in D: W550) - Mehl für Semmeln und anderes Kleingebäck
Weizenmehl Type W1600 (in D: W1050) - Brotweizenmehl für Mischbrote
Dinkelmehl TYP 630 (inn D: 630) - für feine Backwaren, Mehlspeisen und Kuchen
Roggenmehl Type R960 (in D: R997) - für Roggen- und Roggenmischbrote
Roggenemehl Type R1150 (in D: W1150) - für Weizen-Roggen-Mischbrote
Roggenmehl Type R2500 (in D: R1800) - Schwarzroggenmehl für dunkle Brote