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900 JAHRE BACKTRADITION 

Es ist urkundlich belegt, dass im Entdeckerviertel seit dem 12. Jahrhundert professionell gebacken wird.
Die Klosterbäckerei in Ranshofen ist sogar die älteste Bäckerei Österreichs, in der an einem Ort durchgehend gebacken wird.


Im Mittelalter waren die Klöster neben ihrer Rolle im kirchlichen Leben auch Wissenszentren. Kein Wunder daher, dass bereits im ersten Jahrtausend in Klöstern Backöfen betrieben worden sind, um die geistigen Brüder oder Schwestern mit gesunden Lebensmitteln versorgen zu können. Im Augustiner Chorherren Stift Ranshofen, damals das geistige und kulturelle Zentrum der Region, wurde im Jahr 1125 eine Bäckerei gegründet. Die Klosterbäckerei der Familie Höllbacher steht heute in etwa an demselben Platz, an dem bereits vor fast 900 Jahren Brot gebacken wurde! Nicht weit davon wuchs städtische Konkurrenz zum Stift heran. Braunau entwickelte sich von einem kleinen bayrischen Dorf namens „Prounaw“ nach dem Brückenschlag über den Inn im Jahr 1260 zu einer einflussreichen Handels- und Festungsstadt mit zahlreichen Bäckereien. Um den Markt für die Brotproduktion zu regeln, wurde im Jahr 1360 in Braunau, so wie in zahlreichen anderen Städten auch, eine Bäckerzunft gegründet. Die Gründungsurkunde ist heute noch im Stadtmuseum Braunau in der Herzogsburg ausgestellt. Die Zunft vertrat die Interessen der Bäcker gegenüber der Stadt und seinen Beamten und stellten Regeln für die Berufsausübung auf. Die Zunft beschaffte ihren Mitgliedern Mehl und Salz, sie regelte die Ausbildung vom Lehrling über den Gesellen bis zum Meister, sie bestimmte Preise, Löhne und Arbeitszeiten und kümmerte sich auch um die Alters- und Krankenversorgung ihrer Mitglieder. „Brotwäger“ und „Brotbeschauer“ überprüften die Qualität der Waren.

Sinnbildlich für die Bedeutung der Braunauer Bäckerszunft steht der „Braunauer Bäckeraltar“ in der Stadtpfarrkirche St. Stephan mit einem Hauptschrein und zwei beweglichen Altarflügeln. Der Altar wurde im späten 15. Jahrhundert von den Braunauer Bäckern gestiftet, um ihren Mitgliedern eine gemeinsame Andacht oder gemeinsame Gottesdienste in der Kirche zu ermöglichen. Über Bäcker, die gegen Vorschriften der Zunft verstießen, wurden Geldstrafen ausgesprochen. Für besondere Vergehen gab es sogenannte Ehrenstrafen. Eine davon war das „Bäckerschupfen“. Bäcker, die Brot mit zu geringem Gewicht oder von zu geringer Qualität verkauft hatten, wurden öffentlich vorgeführt. Auf der Höhe der heutigen Innbrücke wurden sie mit einer Hebelvorrichtung in einen Korb gesteckt und unter dem Gejohle der Menge ins kalte Wasser getaucht. Das entsprach wohl den rauen Sitten und Gerichtsbarkeit der damaligen Zeit.

Die Zunft und ihre Mitglieder florierten mit dem Wachstum Braunaus. Wie in vielen Regionen Europas brachte der 30-jährige Krieg (1618-1648) einen herben Rückschlag. Der damalige zuständige bayrische Fürst wies die Bäcker an Brot für Arme und für die Landsknechte der Heere zu backen, ohne dafür Geld zu verlangen. Viele Bäcker verarmten. Doch auch diese überaus triste Zeit ging vorüber und das Backwesen florierte wieder. Um 1820 gab es immerhin noch zwölf Bäcker in Braunau und auch in vielen kleinen Gemeinden im Entdeckerviertel zumindest einen oder zwei Bäcker. Aufzeichnungen aus dieser Zeit legen nahe, dass die bayrischen Bäcker tendenziell mehr Weizen zur Verfügung hatten, während der Roggen im Innviertel stärker präsent war – auch heute ist das noch so. Natürlich gab es auch „kulturellen Austausch“. Die Kaisersemmel trat ihren Siegeszug von Wien aus auch ins Bayrische an, dort buk man davor nur die einfacher geformte „Rosensemmel“. Laugengebäck ist hingegen eine bayrische Spezialität und wurde auch östlich von Inn und Salzach immer beliebter.

Die typisch bayrische Tradition der öffentlichen Brothäuser wurde auch in Braunau gepflegt. Das Brothaus, Ende des 19. Jahrhunderts von der Zunft gegründet und später von der Gemeinde erhalten, befand sich direkt am Stadtplatz mit der Hausnummer 22. Dort wurden täglich die frischen Brote alles Braunauer Bäckereien verkauft, um das Angebot für die Bürgerinnen und Bürger vergleichbar zu machen. Der „Brotrufer“ nahm die Bestellungen entgegen und kassierte im Auftrag der Bäckereien. Das Brothaus wurde erst im Jahr 1970 geschlossen.
Auch wenn es das Brothaus nun nicht mehr gibt: Die Vielfalt und die Qualität von Brot und Gebäck im Braunau und dem Entdeckerviertel war noch nie so hoch wie jetzt!