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GESUND UND GUT

Brot von handwerklich arbeitenden Bäckern zählt zu den wichtigsten gesunden Lebensmitteln und darf in der ausgewogenen Ernährung nicht fehlen.

Jedes einzelne Getreidekorn ist eine reich gefüllte Schatzkammer an Mineralstoffen wie Eisen, Kalium oder Magnesium, an Spurenelementen wie Zink, Kupfer oder Mangan sowie an Vitaminen, essenziellen Aminosäuren und Fettsäuren. Die Körner von Weizen, Roggen und Dinkel enthalten kaum Fett und Zucker, dafür umso mehr wichtige Ballaststoffe. Ballaststoffe sind überaus positive Nahrungsbestandteile, da sie die Darmbakterien zu höherem Arbeitseinsatz anspornen. In Summe ist das ein höchst gesundheitsfördernder Mix.

Die meisten dieser wertvollen Inhaltsstoffe sind in den Schalen, der Aleuronschicht und im Keimling des Korns enthalten (siehe auch Seite 14-17). Das bedeutet, dass Vollkornbrote, gleich ob aus Weizen-, Roggen- oder Dinkelmehl, die meisten Vitalstoffe aufweisen. Zahlreiche Studien belegen, dass ein höherer Verzehr von Vollkornprodukten mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall einhergeht. Außerdem senkt der Verzehr von Vollkorngetreide das Risiko für Dickdarmkrebs, Adipositas und Diabetes-Typ-2. Das klingt fast so, als ob man Vollkornbrot ärztlich verschreiben sollte.

Wird für ein Mehl hingegen vor allem der weiße Kern des Getreidekorns vermahlen, sind die wertvollsten Bestandteile des Getreides auch nicht im damit produzierten Backwerk enthalten. Die sogenannten „Weißmehle“ werden etwa zum Backen von Mehlspeisen verwendet. Sind wir uns ehrlich: Ein Cremeschnitte ist eine Gaumenfreunde und das ist exakt der Anspruch, den Genießer an eine Cremeschnitte stellen.

Semmeln und anderes Kleingebäck werden hingegen mit Weizenmehl W700 gebacken, das viele wertvolle Inhaltsstoffe aufweist. Zudem lässt sich jedes Gebäck und Brot durch Saaten, Gewürze, Nüsse und andere Zutaten hinsichtlich gesunder Ernährung „upgraden“, erklärt Mag. Christian Putscher, Ernährungswissenschaftler aus dem Innviertel und Vortragender zum Thema Ernährung: „Der Mohn am Mohnflesserl liefert viel Eisen und Magnesium, Nüsse in Broten versorgen uns mit Fettsäuren und der Sesam im Sesamweckerl enthält knochenstärkendes Kalzium, Niacin und das Spurenelement Selen, das unser Immunsystem stärkt. Man sollte Brot und Gebäck daher nicht auf das verwendete Mehl reduzieren. Auch in den Zutaten stecken wertvolle Bestandteile für eine gute


Bei entsprechend langer Teigführung sind typische Weißbrote wie Baguettes absolut bekömmlich. Lange Teigreifung zähmt das Gluten.
Günther Ringeltaube, Bäcker und Gastronom

DAS GUTE GLUTEN
Der Ernährungsaspekt ist eine Sache, die Verträglichkeit ein andere. Hier kommt man an einem kritischen Blick auf das Thema Gluten nicht vorbei. Glutene sind Eiweißverbindungen im Korn und folglich auch im Mehl, die in Verbindung mit Wasser für optimale Backeigenschaften sorgen. Glutene bilden langkettige Moleküle, die stabile, weiche Brotteige erzeugen. Um das Gluten verdauen zu können, müssen dessen Moleküle im Verdauungssystem zerkleinert werden. Jeder Mensch hat ein unterschiedliches Verdauungssystem. Der eine verträgt Gluten problemlos, der andere tut sich damit schwerer. Und ein Prozent der Menschen leiden an Zöliakie, einer aggressiven Gluten-Unverträglichkeit.

VOLL GESUND!
Bezüglich der Inhaltsstoffe unterscheiden sich Vollkornweizenmehl und Weizenweißmehl doch erheblich. Vor allem der größere Anteil von Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralsalzen sprechen aus ernährungsphysiologischer Sicht für Vollkornprodukte.
(Zahlen gerundet)

                      Vollkornweizenmehl     Weizenweißmehl

Vitamine & Mineralstoffe:                                         2%                          0,5%
Fett:                                                                                     2%                          1%
Wasser                                                                               12%                       14%
Eiweiß                                                                                 12%                       10,5%
Ballaststoffe                                                                     12%                       4%
Kohlenhydrate                                                                60%                       70%

Wer daran leidet, sollte Gluten in jeder Form unbedingt meiden und nur glutenfreie Lebensmittel zu sich nehmen. Das gilt auch für Lebensmitteln in den Körner mitverarbeitet sind, wie Müslis oder auch diverse Fertiggerichte.
Im Normalfall stellt Gluten das menschliche Verdauungssystem aber nicht vor große Probleme. Jede und jeder kann durch den bewussten Einkauf von Brot und Gebäck aus handwerklicher Produktion zum eigenen Wohlbefinden beitragen.

Weizen und Dinkel weisen ähnliche Glutenstrukturen auf. Ihre Teige müssen nicht versäuert werden, um backfähig zu sein. Weizen-Glutene sind allerdings langkettiger und daher schwerer verdaubar wie jene von Dinkel. Doch auch Weizen-Gluten kann gezähmt werden, wenn der Teig länger angesetzt wird. Bei den handwerklichen Bäckern im Entdeckerviertel gönnt man dem Weizenmehlteig ausreichend Zeit für die Teigreifung, damit sich das Gluten zersetzen kann.

 

Günter Ringeltaube, Bäcker und Gastronom, gilt als Spezialist für mediterrane Weißbrote. „Wir setzen den Teig für unsere Baguettes und Ciabattas ganze drei Tage an. So machen das auch die Italiener und Franzosen mit ihren Brotspezialitäten. Durch diese Reifung bindet der Teig zudem mehr Wasser und die Brote bleiben länger frisch!“ Wenn es in der industrialisierter Großbackstube so schnell wie möglich gehen soll, dann fehlt dem Baguette diese Teigruhe, wodurch sowohl Haltbarkeit wie auch Bekömmlichkeit leiden können.  Bei Roggenbroten stellt sich das Problem weniger. In einem Roggennatursauerteig, der über 24 Stunden langsam vor sich hin gärt, sind die Glutene „weichgespült“, so dass unser Verdauungsapparat damit leichteres Spiel hat. Roggenbrot ist daher sehr gut verträglich.

Wie ein Nahrungsmittel vom Körper verarbeitet werden kann, hängt ganz entscheidend vom Stresszustand des Menschen ab. „Vor einer Prüfung, vor einer Sitzung in der Firma oder nach dem Sport ist der Körper gestresst, das mindert unsere Verdauungskraft“, erklärt Christian Putscher, „in diesen und ähnlichen Situationen rate ich eher zu einer Honigsemmerl als zu einem Schwarzbrot mit groben Körnderln, Nüsse oder Saaten. Um das zu verdauen und die Nährstoffe aufzunehmen zu können, braucht unser Darm Zeit und Ruhe.“ Wer sich an diese einfache Faustregel hält, wird wahrscheinlich künftig weit weniger Probleme mit angeblichen „Unverträglichkeiten“ haben.